Der Experte im Finanzkongress-Interview
Mario Steinrücken: „Seien Sie kritisch und lassen Sie sich nichts einreden“
Inhaltsverzeichnis
- Mario Steinrücken, wie hat bei Ihnen alles angefangen: Warst du schon immer an Finanz-Themen interessiert oder gab es einen Auslöser?
- Was waren, finanziell gesehen, Ihre größten Pleiten und Erfolge?
- Welche Strategien verfolgen Sie, um langfristig finanziell erfolgreich zu sein?
- Inwiefern hat die Corona-Krise in den vergangenen Monaten Ihre finanziellen Entscheidungen beeinflusst?
- Welchen ultimativen Finanz-Tipp würden Sie, Mario Steinrücken, unseren Lesern für Krisenzeiten mitgeben?
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Mario Steinrücken, wie hat bei Ihnen alles angefangen: Warst du schon immer an Finanz-Themen interessiert oder gab es einen Auslöser?
Aufgewachsen im schönen Hochsauerland, habe ich mein Kommunionsgeld Ende der 1980er Jahre zu 8% in einem Sparbrief angelegt. Nach dessen Fälligkeit wurden mir lediglich 4,5% Verzinsung angeboten. Erschüttert über die geringe Rendite fing ich an, mich für Aktien zu interessieren.
Damals war es nicht so einfach wie heute, etwas über die Börse zu lernen. So führte mich mein Weg in die heimische Buchhandlung. Dort habe ich mir Bücher der Börsenaltmeister Kostolany, Buffett und Co. gekauft und verschlungen.
Im Jahr 1996 hat der Herausgeber der Actienbörse, Hans A. Bernecker, einen Vortrag über Aktien bei der heimischen Volksbank Brilon gehalten. Diese Chance habe ich genutzt und meinen Vater überredet, mit mir zu dem Vortrag zu gehen. Herr Bernecker hatte damals die noch sehr junge SAP Aktie zum Kauf empfohlen. Schlechte Quartalszahlen hatten damals zu einem Kurseinbruch von über 20% geführt.
Wann zog es Sie zur Börse?
Vom Börsenfieber gepackt wurde im Alter von 16 Jahren SAP meine erste Aktie. Seitdem hat mich die Börse immer mehr in ihren Bann gezogen. So war dann auch mein Berufswunsch schnell klar – ich wollte an die Börse!
Doch wie kommt man aus dem beschaulichen Hochsauerland nach Frankfurt an die Börse? Eine Ausbildung zum Bankkaufmann erschien mir als ein guter erster Schritt. Die Wertpapierabteilung der Sparkasse Hochsauerland war aber eben doch nicht der Handelssaal, den ich mir insgeheim vorgestellt hatte.
Nach dem Ende meiner Ausbildung im Jahr 2001, lag die Börse nach dem Platzen der Dotcom-Blase brach. Aber zum Glück hatte auch im schönen Hochsauerland das Internet eine akzeptable Geschwindigkeit erreicht. So bin ich durch Zufall auf den Studiengang “International Finance” an der FH in Nürtingen, südlich von Stuttgart, aufmerksam geworden. Studieninhalte wie Portfoliomanagement und Finanzderivate klangen wie der nächste vernünftige Schritt Richtung Börse.
Und dann?
Im Rahmen des Studiums absolvierte ich ein Praktikum im Aktienhandel an der Börse Stuttgart. Ich kann mich noch sehr genau an meinen ersten Tag im Handelssaal erinnern. Viele Monitore und eine mitreißende Geräuschkulisse taten ihr Übriges – nun war ich voll und ganz in den Bann der Börse gezogen.
So begann dann im Jahr 2004 meine professionelle Trader-Laufbahn im Aktienhandel der Börse Stuttgart. Allerdings war ich zu Anfang doch etwas enttäuscht. Ich war im Aktienhandel gelandet. Die Börse Stuttgart aber war für die großen Umsätze in Optionsscheinen bekannt. Der Aktienhandel spielte eine eher untergeordnete Rolle. Aber genau das sollte sich noch als ein großer Vorteil herausstellen. Denn wir waren angehalten, mit unseren eigenen Trading-Ideen Geld zu verdienen. So konnte ich meine ersten Trading-Erfahrungen sammeln, ohne eigenes Geld zu riskieren.
Was waren, finanziell gesehen, Ihre größten Pleiten und Erfolge?
Über meine größte Pleite habe ich tatsächlich so noch nie etwas auf meinem YouTube-Kanal erzählt.
Am Anfang meiner Trading-Karriere habe ich ein mittleres Fünfstelliges Konto gehandelt. Nach ein paar “einfachen” Erfolgen fühlte ich mich wie der König der Wall Street. Aus heutiger Sicht stehen mir die Nackenhaare zu Berge, wenn ich darüber nachdenke, wie wenig ich eigentlich wusste. Meine Charts waren vollgepackt mit Indikatoren, mein Kopf so voll, dass ich den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr gesehen habe.
So kam es, wie es kommen musste. Mit den typischen Anfängerfehlern habe ich mein Konto halbiert. Aus mentaler Sicht war es jedoch ein Totalverlust. Zu große Positionen und das Prinzip Hoffnung, rissen mich immer tiefer in den Verlust. Das war wirklich eine schlimme Zeit. Schlaflose Nächte und Existenzängste stellten mich vor eine knallharte Entscheidung – aufgeben oder kämpfen? Aufgeben war keine Alternative. Aber so weitermachen wie bisher ging es natürlich auch nicht.
Wie ging es also weiter?
Also habe ich mein Trading vorerst gestoppt und angefangen wirklich zu lernen. Dazu musste ich aber zuerst viele Dinge wieder aus dem Kopf löschen, die ich mir vorher falsch beigebracht hatte. Zuallererst stand das Thema Risiko- und Moneymanagement auf dem Plan. Denn den vorher durchlebten Schmerz wollte ich nie wieder fühlen müssen. Dann habe ich mir tausende von “nackten” Charts angesehen, um zu verstehen, wie die Märkte tatsächlich funktionieren. So wurde mir langsam klar, dass sich Aktienkurse tatsächlich immer in sehr ähnlichen Mustern bewegen. Ich habe gelernt, wie einfache Dinge oft am besten funktionieren.
So hat sich meine größte Pleite eigentlich auch zu meinem größten Gewinn entwickelt. Denn seitdem weiß ich, dass ich mein Konto nie wieder “gegen die Wand” fahren werde.
Welche Strategien verfolgen Sie, um langfristig finanziell erfolgreich zu sein?
Viele Börsengurus und YouTube Sternchen wollen Ihnen den heiligen Gral verkaufen. Nur deren Vorgehensweise führt Sie zum Ziel, alles andere sei quatsch. Entweder fundamentale Aktienanalyse oder Chartanalyse. Andere sagen, dass nur langfristige Investitionen funktionieren und reden Ihnen ein, dass Timing an der Börse nicht funktioniert.
Seien Sie kritisch und lassen Sie sich nichts einreden.
Ich persönlich habe sowohl ein langfristig ausgerichtetes Portfolio, hauptsächlich bestehend aus Qualitätsaktien, als auch kurzfristige Positionen. Meine kurzfristigen Positionen halte ich über einen Zeitraum von mehreren Tagen bis zu wenigen Wochen. Das verstehe ich unter dem Begriff “Swingtrading”, was quasi mein Brot- und Butter-Geschäft ist.
Beim Swingtrading werden auf der Grundlage von Chart- bzw. Marktanalyse objektive Kauf- und Verkaufsentscheidungen getroffen. Ich investiere mein Geld nur dann, wenn ich einen Vorteil im Markt habe. Bei unklarer Marktlage stelle ich mich neutral an die Seitenlinie und warte auf die nächste Möglichkeit. Dadurch erspare ich mir lang andauernde Verlustphasen, wie sie z.B. bei der Buy & Hold Methode immer wieder entstehen. Außerdem kann ich sowohl von steigenden, aber auch von fallenden Aktien profitieren. So kann ich auch entstehende Verluste im langfristigen Depot mit meinen kurzfristigen Aktivitäten ausgleichen.
Inwiefern hat die Corona-Krise in den vergangenen Monaten Ihre finanziellen Entscheidungen beeinflusst?
Überhaupt nicht! Börsenkurse verlaufen immer in sehr ähnlichen Mustern. Da spielt es keine Rolle, ob es sich z.B. um eine Banken- oder Corona-Krise handelt. Aber auch die Rally-Phasen laufen in immer wiederkehrenden Mustern ab. Was sich in meinen Augen verschärft hat, ist die mediale Wahrnehmung. Jede Krise wird noch heißer gekocht und der Weltuntergang herbeigerufen.
Das ist ein großes Problem für viele Anleger. Das Gefühl, dass diesmal wirklich alles anders ist. Das lähmende Gefühl der Unsicherheit. Die immer wiederkehrende Frage, wie tief die Kurse noch fallen. Leider muss ich Ihnen die schmerzhafte Wahrheit sagen – die Unsicherheit hört nie ganz auf.
Ein tolles Mittel gegen Unsicherheit ist ein klarer Plan, wie man an der Börse vorgeht. Ein derartiger Plan lässt sich gerade mit Hilfe der Charttechnik sehr gut umsetzen. Was muss ein Plan für die Börse beinhalten? Wo macht ein Einstieg in eine Aktie Sinn? Wo steigt man wieder aus – sowohl im Gewinn- als auch im Verlustfall? Wie viel sollte riskiert werden? Diese Fragen muss ein solider Plan beantworten.
Haben Sie sich einen Plan für die Börse erstellt, stellt sich nach und nach eine Gelassenheit ein. Die Unsicherheit verschwindet aber nie so ganz. Denn Sie können niemals voraussagen, ob der gerade eingegangene Trade zu einem Gewinner oder Verlierer wird.
Welchen ultimativen Finanz-Tipp würden Sie, Mario Steinrücken, unseren Lesern für Krisenzeiten mitgeben?
Ich bin eigentlich kein Freund von “ultimativen Finanz-Tipps”, da diese immer ein Gefühl vom heiligen Gral vermitteln. Eigentlich können Sie meine letzte Antwort schon als “ultimativen Tipp” sehen. Denn ein klarer Fahrplan für die Börse löst viele Probleme.
Aber vielleicht konkretisiere ich den Plan noch etwas. Das Thema Risiko- und Moneymanagement gehört an die erste Stelle im Handelsplan. Denn hier werden die größten und vor allem die teuersten Fehler an der Börse begangen.
Im aktiven Swingtrading geht es dabei weniger um die Frage, wie viel ich in die nächsten Aktien investieren sollte. Es geht immer um die Frage, wie viel ich mit jedem einzelnen Trade riskiere.
Ein konservatives Risikomanagement gibt uns nicht nur die Sicherheit, dass wir langfristig an der Börse überleben werden. Es gibt uns die Möglichkeit, unser Konto langfristig und nachhaltig Stück für Stück wachsen zu lassen.
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Über den Autor
Luisa Kleinen
Luisa wurde 1996 in Bonn geboren und studierte nach ihrem Abitur Rechtswissenschaften mit Abschluss des ersten Staatsexamen (Schwerpunkt Internationales Strafrecht und Medienstrafrecht) an der Universität zu Köln. Parallel zu ihrem Studium war sie einige Jahre als Studentische Hilfskraft in der Forschungsstelle für Medienrecht an der TH-Köln tätig. Dadurch erhielt sie einen tiefen Einblick in das Medien-, IT- und Datenschutzrecht und sammelte erste redaktionelle Erfahrungen. Später arbeitete sie als Assistenz der Geschäftsführung in einem Gastronomiebetrieb und erweiterte hier ihre Kenntnisse im Personal- und Projektmanagement. Nach ihrem Praktikum in der Redaktion von Gründer.de, ist sie seit Juli 2022 als Junior Legal Managerin bei Digital Beat und Gründer.de tätig.