Andere Abteilung oder neuer Standort
Mitarbeiter versetzen: Diese Regeln musst du beachten
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Inhaltsverzeichnis
- Wann genau spricht man von einer Versetzung?
- Bei einer geplanten Versetzung Direktionsrecht prüfen
- Einzelfallentscheidung aufgrund konkreter Umstände
- Maßnahmen: Betriebsrat, Gespräch und Gericht
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Wann genau spricht man von einer Versetzung?
Versetzung im Sinne dieses Gesetzes ist die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, die voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreitet, oder die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist.
(§ 95 Abs. 3 BetrVG)
Zustimmungspflichtig ist eine Versetzung dann, wenn sie mindestens einen Monat lang dauert oder eine gravierende Änderung der Arbeitsumstände mit sich bringt. „Ohne Zustimmung des Betriebsrats kann der Arbeitgeber nur dann einen Beschäftigten versetzen, wenn die Versetzung dringend ist und der Arbeitgeber die Zustimmung beim Betriebsrat beantragt hat oder versucht, vom Gericht ersetzen zu lassen“, erklärt Tjark Menssen, Leiter der Rechtsabteilung beim DGB Rechtsschutz. Grundsätzlich ist die Definition nicht auf einen Arbeitsort eingeschränkt: Eine Versetzung liegt auch dann vor, wenn Mitarbeiter zwar nicht den Ort wechseln, sie jedoch einer anderen Betriebsabteilung oder einem anderen Aufgabengebiet als bisher zugewiesen werden.
Bei einer geplanten Versetzung Direktionsrecht prüfen
Das Direktionsrecht (auch Weisungsrecht) des Arbeitgebers ist in § 106 GewO verankert:
Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.
„Eine Versetzung kann auch dann unwirksam sein, wenn der Arbeitgeber nicht das entsprechende Direktionsrecht hat“, sagt Dr. Johannes Schipp, Vorsitzender des Geschäftsführenden Ausschusses Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein. Arbeitgeber müssen also sicherstellen, dass der Arbeitnehmer künftig nicht Tätigkeiten ausübt, die vertraglich weder vereinbart noch unter dem vom Arbeitsvertrag zugrunde gelegten Ausbildungsniveau liegen. Ist im Arbeitsvertrag indes eine Versetzungsklausel enthalten, gemäß derer der Arbeitnehmer dazu verpflichtet ist, der Weisung des Arbeitgebers zu folgen, kommt er oft nicht daran vorbei. Es dürfen also weder diskriminierende Motive dahinter stehen, noch muss der Mitarbeiter durch eine Versetzung eine Benachteiligung hinnehmen. „Es gibt aber auch Fälle, bei denen eine Versetzung arbeitsrechtlich okay ist, betriebsverfassungsrechtlich aber nicht“, erklärt Schipp.
Beispiel: Beschäftigte einer halbstaatlichen Spielbank sollen für einen Tag außerhalb des Betriebsortes ein Demonstrationsspiel vorführen. Der Betriebsrat der Spielbank sah in der Veranstaltung jedoch eine zentrale Änderung des Arbeitsumfeldes, der er nicht zustimmte. Damit mussten die Mitarbeiter der Weisung ihres Arbeitgebers nicht Folge leisten. Dies gilt beispielsweise auch, wenn der Fokus in Zukunft auf das Online Geschäft gelegt werden soll und somit viele bisherige Stellen wegfallen würden, können Arbeitgeber nicht einfach von ihren Mitarbeitern verlangen, plötzlich im Call Center der Online Spielbank zu arbeiten. Das wäre aufgrund der vertraglich nicht vereinbarten Tätigkeiten unzulässig.
Aber Achtung: Dem Direktions- beziehungsweise Weisungsrecht sind Grenzen gesetzt, wenn sie
- gegen anderweitige Bestimmungen aus Verträgen verstößt.
- nicht „nach billigem Ermessen“ erteilt wurde. Das heißt, dass eine Interessensabwägung stattfinden muss.
Einzelfallentscheidung aufgrund konkreter Umstände
Bei Versetzungen kommt es stets auf die konkreten Umstände an. Dafür besteht die Möglichkeit der befristeten oder unbefristeten Versetzung. So ist ein Arbeitgeber bei Bedarf dazu berechtigt, für die Dauer von Projekten, Erkrankungen, Elternzeit oder Urlaub eines Arbeitnehmers in diesen vakanten Arbeitsbereich zu versetzen und danach wieder den ursprünglichen Aufgabenbereich zuzuweisen. Wird aber eine Abteilung oder ein ganzer Standort geschlossen, ist es eine unbefristete Anordnung. Gerade zu Zeiten der Corona-Pandemie ist nicht selten die Existenz europäischer Startups bedroht. Die zugewiesene Tätigkeit muss den beruflichen und persönlichen Fähigkeiten des Mitarbeiters entsprechen. Außerdem müssen finanziellen Nachteile für den betroffenen Mitarbeiter ausgeschlossen sein. Wird einem Mitarbeiter ein grundsätzlich geringer bezahlter Einsatzbereich zugewiesen, behält er seine ursprüngliche Gehaltsstufe.
Beispiel: Ein Unternehmen versetzt seine Beschäftigten von Passau nach München. Auch wenn Beschäftigte sozial verankert sind und zum Beispiel gerade ein Haus gebaut oder schulpflichtige Kinder haben: Die Anordnung ist im konkreten Fall nicht rechtswidrig. Die Angestellten konnten aufgrund der Schließung des Standorts in Passau dort nicht weiterarbeiten.
Maßnahmen: Betriebsrat, Gespräch und Gericht
Besteht ein Betriebsrat, sind Arbeitgeber gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG dazu verpflichtet, diesen bei einer geplanten Versetzung zu beteiligen. Unternehmen mit über 20 wahlberechtigten Angestellten müssen dessen Zustimmung einholen. Nachdem der Betriebsrat über die anstehende Versetzung informiert wurde, hat er eine Woche lang Bedenkzeit, dem Arbeitgeber seine Entscheidung schriftlich und unter Angabe von Gründen mitzuteilen. Hat er in diesem Zeitraum nicht reagiert, darf der Arbeitgeber die Versetzung wie geplant durchführen. Vereinfacht wird der Prozess dagegen bei leitenden Angestellten: Hier muss der Betriebsrat zwar ebenfalls informiert, jedoch gemäß § 105 BetrVG nicht auf dessen Einwilligung gewartet werden.Hat der Arbeitgeber die Zustimmung des Betriebsrats beantragt, kann auch der Beschäftigte seine Einwände dort vortragen. Kommt es dennoch zur Versetzung und Betroffene lassen die Rechtmäßigkeit von einem Gericht überprüfen, sollten sie in der Zwischenzeit trotzdem am versetzten Standort tätig werden. Andernfalls kann die Weigerung, eine angeordnete wirksame Versetzung zu befolgen, einen Abmahnungs- und schlimmstenfalls schließlich sogar Kündigungsgrund darstellen.
Was kann ein Arbeitgeber in solchen Fällen tun, wenn sich der Arbeitnehmer gegen die Versetzung auflehnt? „Erst einmal das Gespräch […] suchen“, rät Menssen. Die Anordnung des Arbeitsplatz- oder Tätigkeitenwechsels kann auch gegen die Einwilligung des Mitarbeiters erfolgen, der nicht zu bewerten hat, ob die Versetzung in seinem Einzelfall wirtschaftlich oder organisatorisch richtig ist. Deshalb bringt ein klärendes Gespräch oft schon Fortschritte. In den seltensten Fällen ist der Verlust des Arbeitnehmers im Sinne des Arbeitgebers.
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