Gründer FAQ: Testpflicht vs. Angebotspflicht
Corona-Testpflicht: Welche Regeln gelten für Arbeitgeber & Mitarbeiter?
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Inhaltsverzeichnis
- Keine Testpflicht, aber Angebotspflicht
- Welche Tests dürfen zur Verfügung gestellt werden?
- Andere Schutzmaßnahmen gelten fort
- Wie sieht die Angebotspflicht aus?
- Was gilt, wenn in meinem Bundesland etwas anderes geregelt wurde?
- Darf ich verbindliche Tests für meine Mitarbeiter anordnen?
- Testpflicht regeln durch Betriebsvereinbarung
- Was droht bei einem Verstoß gegen die Testpflicht?
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Das Bundeskabinett hat die SARS-Cov-2-Arbeitsschutzverordnung verlängert und Test-Regelungen für Arbeitgeber aufgenommen. Das erklärte Ziel ist dabei, symptomlos Infizierte frühzeitig erkennen und lange Infektionsketten verhindern zu können.
Keine Testpflicht, aber Angebotspflicht
Arbeitgeber aller Betriebe, Einrichtungen und Verwaltungen sind seit dem 23.04.2021 verpflichtet, Beschäftigten, die nicht ausschließlich aus dem Homeoffice arbeiten, kostenlose Corona-Tests zur Verfügung zu stellen (§ 5 Abs. 1 SARS-Cov-2-Arbeitsschutzverordnung). Wichtig ist, dass Arbeitnehmer dieses Angebot keineswegs wahrnehmen müssen. Damit gibt es nun eine Angebotspflicht, nicht jedoch eine Testpflicht!
Welche Tests dürfen zur Verfügung gestellt werden?
Zulässige Tests sind PCR, Antigen- und Selbsttests. Ausdrücklich nicht zugelassen ist die Verweisung auf kostenlose Bürgertests. Arbeitgeber sind verpflichtet, eigene Tests zur Verfügung zu stellen und die Kosten dafür zu tragen. Diese können jedoch steuerlich oder im Rahmen der Corona-Überbrückungshilfe III geltend gemacht werden; sie sind ausdrücklich förderfähig.
Andere Schutzmaßnahmen gelten fort
Wer jetzt denkt, durch die Testpflicht die sonstigen Arbeitsschutzmaßnahmen aufgeben zu können, irrt sich! Bestehende Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz entfallen durch die Angebotspflicht nicht; sie bestehen weiter fort. Das Testangebot soll lediglich ein zusätzliches Mittel neben den bestehenden Maßnahmen zur Infektionsvermeidung darstellen. Arbeitgeber müssen auch weiterhin ausreichende Rahmenbedingungen schaffen. Der Appell an die Mitarbeiter reicht nicht aus.
Wie sieht die Angebotspflicht aus?
- Jedem Beschäftigten ist einmal pro Kalenderwoche ein Corona-Test anzubieten.
- Beschäftigten aus Risikogruppen muss zweimal pro Kalenderwoche ein Test angeboten werden.
- Arbeitgeber müssen die Tests nicht nur anbieten, sondern auch Aufbewahrungs- und Dokumentationspflichten erfüllen. Die Beschaffung von Tests, aber nicht die Durchführung, muss nachgewiesen werden, ebenso Vereinbarungen mit externen Dienstleistern über die Durchführung der Tests. Entsprechende Dokumente sind mindestens vier Wochen aufzubewahren. Dadurch können Arbeitsschutzbehörden nachvollziehen, ob die neuen Vorgaben eingehalten werden.
- Es ist nicht zu dokumentieren, ob Arbeitnehmer das Angebot angenommen haben.
Was gilt, wenn in meinem Bundesland etwas anderes geregelt wurde?
In manchen Bundesländern gibt es bereits Regelungen zu Corona-Tests, die teilweise über die Bundesverordnung hinausgehen; zum Beispiel in Sachsen und Bayern. Beschäftigte in Sachsen, die direkten Kundenkontakt haben, sind verpflichtet, sich testen zu lassen (§ 3a Abs. 2 S. 2 2. InfSchMV). In Berlin muss ein Testangebot bei körperlichem Kontakt zu Kunden angenommen werden (§ 6a Abs. 2 S. 2 2. SächsCoronaSchVO). In Bayern sind nur Beschäftigte in Pflegeeinrichtungen und Altenheimen verpflichtet, das Angebot anzunehmen (§ 9 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 12. BaylfSMV). Sofern Regelungen der Bundesländer über die des Bundes hinausgehen, sind diese einzuhalten.
Darf ich verbindliche Tests für meine Mitarbeiter anordnen?
Ja und Nein.
Eine verbindliche Test-Pflicht könnte durch eine entsprechende arbeitgeberseitige Weisung angeordnet werden. Grundsätzlich dürfen Arbeitgeber bei berechtigtem Anlass Arbeitnehmer zur Durchführung von Untersuchungen verpflichten. In Ausnahmefällen wäre eine Testpflicht demnach zulässig. Die Weisung muss jedoch billigem Ermessen entsprechen (§ 106 S. 1 GewO, § 315 BGB). Dies ist nur dann der Fall, wenn die Interessen des Arbeitgebers an der Testung die Interessen des Arbeitnehmers an der Nichtdurchführung überwiegen. Wann dies der Fall ist, lässt sich pauschal nicht beantworten. Jeder Einzelfall muss gesondert betrachtet werden.
Eine Testpflicht würde über die gesetzliche Schutzpflicht des Arbeitgebers hinausgehen und Beschäftigte noch effektiver vor einer Infektion oder einer Weitergabe des Coronavirus schützen. Auf der anderen Seite stehen fundamentale Grundrechte der Arbeitnehmer. Die allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG und das Recht auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 GG sind gewichtige Grundrechte, die unbedingt in der Abwägung beachtet werden müssen. Betriebsparteien sind an Recht und Billigkeit und mittelbar auch an die Grundrechte gebunden.
Es lässt sich jedenfalls festhalten, dass anlasslose Testungen der gesamten Belegschaft nicht zulässig sind. Sollte es jedoch Anzeichen einer Infektion geben oder Beschäftigte aus einem Risikogebiet zurückkehren, kann die Abwägung durchaus zugunsten des Arbeitgebers ausgehen und eine Testpflicht geboten sein. Ob auch andere Gründe gewichtig genug sind, ist nicht geklärt. Vor allem bei Beschäftigten, die keinen Abstand halten können, ist eine Test-Pflicht zumindest denkbar.
Testpflicht regeln durch Betriebsvereinbarung
Diese Frage ist hochumstritten und ist gerichtlich nicht eindeutig geklärt. Lediglich eine Entscheidung des Arbeitsgericht Offenbach liegt vor, die eine Test-Pflicht unter bestimmten Voraussetzungen durch Betriebsvereinbarung erlaubt (ArbG Offenbach, Urteil vom 03.02.2021 – 4 Ga 1/21).
Ob dies andere Gerichte auch so sehen werden, bleibt abzuwarten. Das liegt daran, dass auch Antigentests zugelassen sind; die Zuverlässigkeit dieser Tests ist zweifelhaft. Es könnte gut sein, dass andere Gerichte die Interessen der Arbeitnehmer schutzwürdiger ansehen und eine Test-Pflicht per Betriebsvereinbarung ablehnen werden. Es empfiehlt sich daher, zunächst auf eine solche Regelung zu verzichten. Alternativ sollte in die Betriebsvereinbarung in jedem Fall die Interessenabwägung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber aufgenommen werden. Auch Betriebsparteien sind nach § 75 Abs. 1 BetrVG an Recht und Billigkeit und mittelbar an die Grundrechte gebunden.
Was droht bei einem Verstoß gegen die Testpflicht?
Verstöße gegen die Testpflicht können für Arbeitgeber teuer werden. Soweit die zuständigen Arbeitsschutzbehörden einen Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verordnung feststellen und eine Anordnung treffen, können Verstöße gegen solche Anordnungen mit einem Bußgeld von bis zu einer Höhe von 30.000 Euro geahndet werden. Erst bei einer Nichtbefolgung einer Anordnung droht also ein Bußgeld.
Die „Test-Pflicht“ wird in der Praxis kaum etwas verändern. Solange es nur ein verpflichtendes Angebot gibt und keine allgemeine Pflicht zur Testung, ist eine solche Regelung wenig zielführend. Hinzu kommt, dass eine verpflichtende Testung durch Betriebsvereinbarung möglicherweise nicht zulässig ist.
Wichtig ist, dass Arbeitgeber eigene Tests zur Verfügung stellen oder Externe mit der Testung beauftragen und ihre Mitarbeiter nicht nur auf kostenlose Dienstleister verweisen. Arbeitgeber sollten zudem immer darauf achten, ob in ihrem Bundesland strengere Regelungen gelten als auf Bundesebene.
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Über den Autor
Christian Solmecke
Rechtsanwalt Christian Solmecke hat in seiner Kölner Kanzlei WBS.LEGAL den Bereich Internetrecht/E-Commerce stetig ausgebaut. Er betreut dort zahlreiche Online-Händler, Medienschaffende und Web-2.0-Plattformen. Daneben ist RA Solmecke Gründer von anwalt2go sowie mehreren IT-Startups. Seine ersten Projekte hat er selbst programmiert. Neben seiner Kanzleitätigkeit und der Geschäftsführung der cloudbasierten Kanzleisoftware Legalvisio.de ist Christian Solmecke Autor zahlreicher Fachbücher zum Thema Online-Recht und Geschäftsführer des Deutschen Instituts für Kommunikation und Recht im Internet (DIKRI) an der Cologne Business School (http://www.dikri.de). Dort beschäftigt er sich insbesondere mit den Rechtsfragen in Sozialen Netzen. Vor seiner Tätigkeit als Anwalt arbeitete Solmecke mehrere Jahre als Journalist für den Westdeutschen Rundfunk und andere Medien.