Gründer FAQ: Das sind die Basics
Schutzfähigkeit und Schutzausschlüsse bei Patenten – was muss ich beachten?
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Inhaltsverzeichnis
- 1. Technische Erfindungen
- 2. Ausschlüsse vom Begriff der „Erfindung“
- 3. Verstoß gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten
- 4. Patentfähigkeit
- 5. Was gilt es nun bei Patenten beachten?
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Diese und weitere Fragen sollen dir mit unserem Gründer FAQ beantwortet werden, sodass du danach eine gute Vorstellung davon hast, was als Patent schutzfähig ist und wo man es lieber nicht versuchen sollte, weil im Zweifel viel Geld ohne Gegenwert investiert wird.
Damit du einen Überblick über Patente im Allgemeinen und das Patenterteilungsverfahren erhältst, empfehlen wir dir, unsere letzten Beiträge zum Thema „Patente – der Einstieg ins Thema“ und „das Patenterteilungsverfahren – wie läuft es ab?“ zu lesen.
1. Technische Erfindungen
Zunächst einmal sollte man wissen, dass Patente nur für technische Erfindungen erteilt werden, sprich, Innovationen technischer Natur auf irgendeinem technischen Gebiet. Um das etwas greifbarer zu machen: ein neuartiges Gewinde einer Schraube, ein Verfahren zu deren Herstellung und eine spezielle Metalllegierung für diese Schraube würden dieser Definition entsprechen.
Ein Markenzeichen hingegen, das auf dieser Schraube angebracht wird, ist nicht patentfähig, stattdessen aber dem Markenschutz zugänglich. Ebenso wäre ein ausgefallenes Design einer Umverpackung für solche Schrauben höchstwahrscheinlich nicht patentfähig und eher dem Designschutz zugänglich.
2. Ausschlüsse vom Begriff der „Erfindung“
Im deutschen Patentgesetz sowie auch im europäischen Patentrecht und vielen weiteren Jurisdiktionen auf der Welt sind allerdings auch Ausschlüsse vom Begriff „Erfindung“ definiert, oder in anderen Worten, was nach dem Recht nicht als Erfindung angesehen wird. Diese Ausschlüsse sind, sofern für diese als solche ein Schutz begehrt wird,
- Entdeckungen sowie wissenschaftliche Theorien und mathematische Methoden,
- Ästhetische Formschöpfungen,
- Pläne, Regeln und Verfahren für gedankliche Tätigkeiten, für Spiele oder für geschäftliche Tätigkeiten sowie Programme für Datenverarbeitungsanlagen,
- Die Wiedergabe von Informationen.
Werden also für diese Gegenstände oder Tätigkeiten Patente angemeldet und wird die Erfindung nicht in sonstiger Weise technisch geprägt, wird das Deutsche Patent- und Markenamt im Falle einer deutschen Patentanmeldung keinen Schutz gewähren können.
Darüber hinaus ist es auch nicht möglich, für den menschlichen Körper in den einzelnen Phasen seiner Entstehung und Entwicklung ein Patent zu erhalten. Isolierte Teile des menschlichen Körpers, z.B. Sequenzen oder Teilsequenzen von Genen, können wiederum patentierbar sein, insbesondere dann, wenn diese Sequenzen relevant bspw. für die Herstellung von Medikamenten sind.
a.) Entdeckungen, wissenschaftliche Theorien und mathematische Methoden
Eine Entdeckung als solche, beispielsweise eine neue Tierart, ein chemisches Element oder ein physikalischer Grundsatz, kann nicht durch ein Patent geschützt werden. Erfindungen, aber, die auf einer solchen Entdeckung aufbauen, wiederum schon. Bei wissenschaftlichen Theorien und mathematischen Methoden gilt: bei ihnen handelt es sich nur um Gedankenexperimente, jedoch noch nicht um Gegenstände, die einem Patentschutz zugänglich wären.
b.) Ästhetische Formschöpfungen
Ästhetischen Formschöpfungen mangelt es an der sogenannten Technizität, da bei diesen vorwiegend nicht auf den technischen Charakter abgestellt wird, sondern auf die künstlerische Gestaltung, womit in der Regel kein technischer Effekt erzielt werden, sondern hingegen ein Betrachter oder Verwender optisch angesprochen werden soll.
Dafür sind ästhetische Formschöpfungen (Designs) dem Designschutz zugänglich, wie oben bereits erwähnt wurde.
c.) Pläne, Regeln und Verfahren für gedankliche Tätigkeiten, für Spiele oder geschäftliche Tätigkeiten sowie Programme für Datenverarbeitungsanlagen
All die genannten Gegenstände oder Tätigkeiten haben gemeinsam: in der ein oder anderen Form stellen sie einen Denkprozess dar. Datenverarbeitungsanlagen sind lediglich Mittel, die der Mensch verwendet, um den Denkprozess, den er auch selbst leisten könnte, durch eine Maschine erledigen zu lassen, häufig um ein Vielfaches schneller als der Mensch es umsetzen könnte.
Software, die also nur zum Zweck hat, Daten einzulesen, zu verarbeiten und gegebenenfalls in veränderter Form auszugeben, ist im Sinne des deutschen und europäischen Patentrechts in der Regel keine Erfindung. Hier kann man sich als sehr grobe Faustregel merken (denn im Detail ist es um ein Vielfaches komplexer): sobald sich eine Software nicht mehr nur in ihrem eigenen Mikrokosmos abspielt und nicht mehr nur Rechenaufgaben vollbringt, die der Mensch auch ohne weiteres erbringen könnte, sondern bspw. die Bewegung eines Roboterarms zur Folge hat, oder Software Daten auf besondere Weise umwandelt oder komprimiert (z.B. das Dateiformat MP3), ist sie prinzipiell patentfähig, weil dann ein technischer Bezug vorhanden ist (und nicht nur eine gedankliche Tätigkeit gegeben ist).
Diese Faustregel soll dir aber lediglich dazu dienen, dir das Problem bei der Patentierung von Software einigermaßen zu visualisieren, hierbei handelt es sich keineswegs um eine belastbare Aussage, denn – wie erwähnt – es ist im Detail um ein Vielfaches komplexer.
3. Verstoß gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten
Patente können auch nicht erteilt werden für Erfindungen, die gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen. Wer aufmerksam gelesen hat, dürfte schon gemerkt haben: hier werden Erfindungen angenommen, ganz im Gegenteil zu oben, wo gerade fingiert wird, dass keine Erfindungen vorliegen!
Gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten würden zum Beispiel verstoßen
- Verfahren zum Klonen von menschlichen Lebewesen,
- Mutationsverfahren an menschlichen Keimzellen,
- Verwendung menschlicher Embryonen zu industriellen Zwecken, und
- Mutationsverfahren an Tieren, wenn hiermit ein Leiden der Tiere ohne medizinischen Nutzen verursacht werden kann.
Daneben gibt es noch eine Reihe weiterer Ausschlüsse insbesondere im Bereich der Biologie (z.B. Pflanzensorten und Tierrassen).
4. Patentfähigkeit
Wir sind nun an einen Punkt gelangt, an dem wir ein erstes Resümee ziehen können. Wenn ein Gegenstand vorliegt, der technisch ist, als Erfindung angesehen werden kann und darüber hinaus auch den guten Sitten entspricht, dann ist dieser nicht von vornherein von der Patentierung ausgeschlossen.
Damit nun aber wirklich ein Patent erteilt werden kann, muss die Erfindung auch patentfähig sein. Um patentfähig zu sein, muss die Erfindung neu sein, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sein. Erst, wenn all diese Bedingungen zusammenkommen, kann auch ein Patent erteilt werden.
a.) Neuheit
Eine Erfindung muss neu sein, damit ein Patent für sie erteilt werden kann. Doch was bedeutet das eigentlich, „neu“? Neu bedeutet, dass die Erfindung in der Form, in der sie beansprucht wird, noch nicht im sogenannten Stand der Technik beschrieben ist. Der Stand der Technik ist alles, was vor dem Anmelde- oder Prioritätstag der Patentanmeldung weltweit jemals in irgendeiner Form an die Öffentlichkeit gelangt ist, seien es andere Patentschriften oder Veröffentlichungen von Patentanmeldungen, seien es Präsentationen (auch nur Mündliche), seien es Ausstellungen auf Messen, Fachartikel oder Werbung. Selbst eine Erwähnung in einem Kinder-Comicbuch (es gab da mal einen Fall, bei dem eine Ausgabe des Lustigen Taschenbuchs neuheitsschädlich war) kann schon kritisch sein.
Hierzu muss man sich zunächst vor Augen führen, dass man nie mit letzter Sicherheit sagen kann, ob etwas tatsächlich neu ist, weil es derzeit noch keine Möglichkeit gibt, alles, was jemals auf der Welt veröffentlicht wurde, auf die Offenbarung einer angemeldeten Erfindung hin zu überprüfen. In Wirklichkeit werden die Patentämter mit der jetzigen Recherchetechnologie immer nur einen Bruchteil relevanter Dokumente sichten können. Deswegen sieht man im Patentrecht etwas (fiktiv) als neu an, wenn der recherchierte Stand der Technik den angemeldeten Gegenstand nicht offenbart – das Patentgesetz spricht davon, dass dann etwas als neu „gilt“.
Aber auch Stand der Technik, der an oder nach dem Anmelde- oder Prioritätstag der angemeldeten Erfindung veröffentlicht wurde, wird für die Bewertung der Neuheit herangezogen, allerdings im Vergleich zu demjenigen Stand der Technik, der vor dem Anmelde- oder Prioritätstag offenbart wurde, stark eingeschränkt. Es zählen dann nämlich, vereinfacht gesprochen, nur deutsche Patentanmeldungen bzw. Patentanmeldungen, mit denen für Deutschland um Schutz ersucht wird (vor dem DPMA), oder europäische Patentanmeldungen bzw. Patentanmeldungen, mit denen für Europa um Schutz ersucht wird (vor dem EPA). Alles andere, das „nachveröffentlicht“ ist, wird dann ausgeblendet.
b.) Erfinderische Tätigkeit
Zusätzlich zu dem Erfordernis, dass ein beanspruchter Gegenstand neu sein muss, kommt das Erfordernis der erfinderischen Tätigkeit. In kompliziertem patentrechtlichem Sprech bedeutet das, dass sich der beanspruchte Gegenstand nicht „in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben darf“.
Ob nun etwas naheliegend ist oder auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, hängt maßgeblich davon ab, was in den Dokumenten des Standes der Technik und in der Patentanmeldung beschrieben ist. Bei den Patenterteilungsverfahren wird in Bezug auf diese Frage in der Regel am meisten argumentiert, sowohl seitens der Patentämter als auch seitens der Patentanmelder, die häufig durch spezialisierte Patentanwälte vertreten sind.
c.) Gewerbliche Anwendbarkeit
Als letztes Erfordernis, das in der Praxis aber beinahe bedeutungslos ist, kommt die gewerbliche Anwendbarkeit hinzu. Dieses Erfordernis soll im Grunde genommen Erfindungen ausschließen, die Diagnose-, Operations- oder Heilverfahren betreffen (siehe auch Ausschluss von der Patentfähigkeit), sich nur auf eine Forschungserkenntnis beziehen oder nur einen privaten und persönlichen Anwendungsbereich haben.
5. Was gilt es nun bei Patenten beachten?
Bevor du ernsthaft über eine Patentanmeldung nachdenkst, solltest du gedanklich abklopfen, ob deine Erfindung aus einem der oben genannten Gründe nicht als Erfindung gilt oder von der Patentierung ausgeschlossen ist.
Wenn du jeden dieser Punkte verneinen kannst, also eine Patentanmeldung in Betracht kommt, solltest du dich davor hüten, deine Erfindung in irgendeiner Form zu veröffentlichen (denn sonst gilt sie als Stand der Technik und würde einer Patentanmeldung damit im schlimmsten Fall neuheitsschädlich gegenüberstehen). Wenn du mit Geschäftspartnern agierst und deswegen deine Erfindung weitergeben musst, solltest du darauf achten, dich mit Geheimhaltungsvereinbarungen (sogenannten NDAs, „non disclosure agreements“) abzusichern.
Je nach technischem Gebiet kann es vor einer Patentanmeldung sinnvoll sein, eine Vorabrecherche zum Stand der Technik durchzuführen, allerdings sind die Patentämter hierauf spezialisiert und bieten günstige und ausführliche Patentrecherchen an. In der Regel lohnt sich eine solche Vorabrecherche deswegen nicht.
In jedem Fall solltest du, bevor du auf eigene Faust eine Patentanmeldung ausarbeitest und einreichst, einen Patentanwalt um fachkundigen Rat ersuchen. Das wird zwar nicht kostenlos sein, aber eine Patentanmeldung nimmt man schließlich auch nicht alle Tage vor und kann die Basis für ein erfolgreiches Startup sein.
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Über den Autor
Patrick Bürgel
Patrick Bürgel studierte zwischen 2011 und 2017 an der Eberhard Karls Universität in Tübingen, wodurch er einen Mastergrad in Molekularer und Zellulärer Biologie der Pflanzen erworben hat.
Bei Ostertag & Partner hat er zwischen März 2018 und April 2021 seine Ausbildung zum Patentanwalt absolviert. Im Juni 2021 leistete Patrick Bürgel seinen Eid und wurde als Patentanwalt zugelassen. Nun unterstützt er Ostertag & Partner bei der Betreuung der Mandanten auf den Gebieten der Biotechnologie, des Maschinen- und Anlagenbaus, der Optik sowie der Mess- und Medizintechnik. Außerdem berät er die Mandaten von Ostertag & Partner im Marken- und Designrecht sowie im Arbeitnehmererfindungsrecht.