Gründer FAQ: So geht Werbung mit einer UVP richtig
Unverbindliche Preisempfehlung (UVP): Was ist bei Schnäppchen-Werbung erlaubt?
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Die Werbung unter Bezugnahme auf die Hersteller-UVP ist weit verbreitet. Kaum ein Katalog, eine Zeitungsbeilage oder ein Online-Markplatz verzichtet auf diese Angabe – besonders dann nicht, wenn der tatsächliche Angebotspreis weit unter der Angabe des Herstellers liegt. Durch die Angabe eines Kaufpreises unter der UVP kann der Anbieter seine Ware als besonderes Schnäppchen herausstellen. Auch für Verbraucher kann das durchaus von Interesse sein, da sie sich dann zeitintensive Angebotsvergleiche ersparen und bei der scheinbar günstigen Gelegenheit „zuschlagen“ können. Was zunächst nach einer Win-Win-Situation klingt, ist allerdings oft mehr Schein als Sein – denn häufig beachten Händler aufgrund betriebswirtschaftlicher Ziele nicht die rechtlichen Einschränkungen.
Rechtliche Zulässigkeit
Die Zulässigkeit rund um die UVP regelt das sogenannte Lauterkeitsrecht. Das Lauterkeitsrecht ist in das Kartell – und das Wettbewerbsrecht unterteilt. Bis zum Jahr 2005 bestanden Spezialregelungen zur UVP im Kartellrecht, die zwischenzeitlich abgeschafft worden sind. Dennoch herrscht Einigkeit dahingehend, dass Preisempfehlungen grundsätzlich kartellrechtlich zulässig sind. Das trifft jedenfalls dann zu, wenn die unverbindliche Preisempfehlung durch den Hersteller in der Erwartung ausgesprochen wird, der empfohlene Preis entspreche dem von der Mehrheit der Empfehlungsempfänger voraussichtlich geforderten Preis (vgl. BGH, Urteil vom 14 November 2002).
Inwiefern die Verwendung der UVP im Rahmen der Produktbewerbung zulässig ist, regelt das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Früher diente das UWG lediglich dem Schutz der Mitbewerber. Mit der Zeit erfolgte eine schrittweise Ausweitung des Schutzzwecks auf Verbraucher und sonstige Marktteilnehmer (sog. Schutzzwecktrias). So lautet es in § 1 Abs. 1 UWG:
„Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.„
Das UWG soll grundsätzlich die Bedingungen regeln, unter denen die verschiedenen Marktteilnehmer agieren. Ziel ist es, einen freien und fairen Wettbewerb zu ermöglichen. Einer der Dreh – und Angelpunkte des Lauterkeitsrechtes ist § 5 Abs. 1 UWG:
„Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.“
Dem Wettbewerbsrecht immanent ist der sog. Wahrheitsgrundsatz. Der Wettbewerb kann nur fair und transparent sein, wenn gegenüber dem Verbraucher zutreffende Angaben gemacht werden. Eine geschäftliche Handlung ist daher als irreführend einzustufen, so das Gesetz weiter, wenn sie unwahre oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben enthält, beispielsweise über:
„den Anlass des Verkaufs wie das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, oder die Bedingungen, unter denen die Ware geliefert oder die Dienstleistung erbracht wird“ (§ 5 Abs. 2 Nr. 2 UWG)
Werbung mit einer Unverbindlichen Preisempfehlung – so geht’s richtig
In den letzten Jahren waren die Gerichte oft mit Verfahren konfrontiert, in denen es um eine irreführende – und damit wettbewerbswidrige – Verwendung der UVP ging. Daraus können folgende Grundsätze entwickelt werden, die von Händlern bei der Verwendung der UVP zu Werbezwecken zu beachten sind:
- Keine Werbung mit UVP, die nicht existiert
Was zunächst irritierend klingt, ist tatsächlich vorgekommen. So entschied das Landgericht (LG) Berlin, dass die Werbung mit einer UVP unzulässig ist, wenn der Hersteller überhaupt keine Preisempfehlung herausgegeben hat. Wer dennoch eine durchgestrichene UVP nutzt, um den eigenen Preis noch günstiger erscheinen zu lassen, handelt wettbewerbswidrig (LG Berlin, Urteil v. 1.6.2021 und LG Köln, Anerkenntnisurteil vom 14.02.2013, Az. 31 O 474/12). - Korrekte Angabe und Kennzeichnung der UVP
Die UVP des Herstellers muss außerdem korrekt wiedergegeben gegengezeichnet werden. Anderenfalls ist die Werbung irreführend und kann Unterlassungsansprüche von Mitbewerbern und Verbänden auslösen. 2016 entschied etwa das LG Bielefeld, dass eine Irreführungsgefahr schon dann gegeben ist, wenn der angegebene UVP geringfügig abweicht (LG Bielefeld, Urteil vom 19.07.2016, Az. 12 O 44/16).
Die Bezugnahme auf eine Preisempfehlung des Herstellers wird auch dann als irreführend angesehen, wenn nicht klargestellt wird, dass es sich um eine unverbindliche Preisempfehlung handelt (BGH GRUR 2000, 436 (437). Unter der Geltung des neuen Kartellrechts kommt es mittlerweile nur noch darauf an, dass empfohlene Preise nicht als verbindlich dargestellt werden, eine bestimmte Wortwahl ist nicht mehr erforderlich, sodass die Angabe „UVP“ ausreicht (BGH GRUR 2007, 603 – UVP). Der informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher weiß nämlich, dass Preisempfehlungen üblicherweise vom Hersteller ausgesprochen würden und deswegen auch unverbindlich sind. Die Bezeichnung „unverbindlich empfohlener Preis“ kennzeichnet die Unverbindlichkeit einer Preisempfehlung eindeutig. Sollte sich der Verbraucher dennoch etwas anderes unter dieser Bezeichnung vorstellen, ist diese Fehlvorstellung rechtlich nicht schutzwürdig (BGH GRUR 2014, 403). - Werbung mit gestrichener UVP
Wie das LG München I kürzlich entschieden katte, kann eine UVP, die als Vergleichspreis dient, nicht ohne weitere Erläuterungen nur durchgestrichen werden. Die Preisgünstigkeit des Angebots des Werbenden soll sich in diesem Fall aus dem Vergleich mit einem anderen, weiterhin gültigen Preis ergeben, der regelmäßig näher erklärt werden muss (LG München I Anerkenntnis- und Endurteil vom 10.10.2022 – 42 O 9140/22). - UVP muss aktuell sein
Unzulässig ist weiterhin die Werbung mit einer UVP für ein Auslaufmodell, für welches die UVP nicht mehr besteht und welches im Handel nicht mehr angeboten sowie in den Fachhandelspreislisten nicht mehr aufgeführt wird (BGH, Urt. v. 3.3.2016, Az. I ZR 110/15). Für Auslaufmodelle muss dann in der Werbung auf die ehemalige UVP des Herstellers entsprechend hingewiesen werden. Eine Bewerbung mit „eUVP“ als Abkürzung für „ehemalige unverbindliche Preisempfehlungen“ ist allerdings irreführend, da diese Angabe auch falsch verstanden werden kann. Daran ändert auch ein Sternchenhinweis nichts (OLG Frankfurt, Urt. v. 22.03.2001, Az. 6 U 221/00). Daneben darf es dann auch keine aktuelleren Preisempfehlungen geben und dem Verbraucher muss bewusst sein, dass es sich um ein Auslaufmodell handelt (vgl. BGH v. 15.09.1999, Az. I ZR 131/97). - Keine Werbung mit eigener UVP
Mit der Werbung durch eine eigene UVP mussten sich schon mehrere Gerichte auseinandersetzen. Zunächst ist es als wettbewerbswidrig einzustufen, wenn ein Hersteller mit seiner eigenen UVP wirbt (LG Hamburg, Az. 312 O 363/05). Grund ist, dass die Bezugnahme auf eine UVP generell eine Preisgünstigkeit im Marktvergleich suggeriert. Der Hersteller kann seine UVP jedoch selbst festlegen, weshalb die Gefahr einer willkürlich hohen Festsetzung und des damit einhergehenden Missbrauchs nahe liegt. Der Kunde bekommt dann den irrigen Eindruck einen „guten Fang“ gemacht zu haben, obwohl dem gar nicht so ist. Gleiches gilt für Händler, die sich selbst eine eigene UVP geben, da die UVP stets von dem Hersteller herausgegeben werden (OLG Frankfurt v. 28.06.2022, Az. 6 W 30/22). - Keine Werbung mit UVP, die bereits vom Hersteller unterboten worden ist
Weiterhin darf nicht mit einer UVP geworben werden, die ein Hersteller ausspricht, aber dann selbst nicht befolgt, beziehungsweise streicht und durch eine niedrigere UVP ersetzt (LG Hamburg, Urteil vom 27. September 2005, Az. 312 O 655/05). In diesem Fall macht nämlich der Hersteller deutlich, dass nicht einmal er sich an seine eigene Preisempfehlung hält. Dem Hersteller ist es somit nicht erlaubt, auf der einen Seite eine unverbindliche Preisempfehlung werbend zu verwenden und auf der anderen Seite einen niedrigeren Preis zu verlangen. - Keine Werbung mit UVP, die von dem tatsächlichen Marktpreis abweicht
Zuletzt ist die Nutzung eines unverbindlichen Verkaufspreises des Herstellers wettbewerbswidrig, wenn die UVP massiv von dem tatsächlichen Marktwert abweicht. Denn ist der tatsächliche Marktpreis eines Produktes seit geraumer Zeit wesentlich geringer als die UVP, dann ist dieser zu Werbezwecken nicht mehr geeignet und irreführend. Wirbt der Händler dennoch weiter damit, begeht er einen Wettbewerbsverstoß. Von einer ernstgemeinten UVP könne nach Ansicht der Gerichte nicht mehr ausgegangen werden, wenn über ein Jahr hinweg der tatsächlich im Markt geforderte Preis lediglich knapp über der Hälfte der UVP lag und auch darunter liegende Preise mit Nachlässen von mehr als 50% verlangt wurden (OLG Köln, Urt. v. 09.09.2022, Az. 6 U 92/22; BGH Urt. v. 14.11.2002, Az I ZR 137/00).
Fazit
Das UWG hat den Zweck der Selbstregulierung des Marktes. Daher werden Mitbewerbern und Verbraucherverbänden weitreichende Befugnisse eingeräumt, um Konkurrenten abzumahnen. Ferner können auch Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadensersatzansprüche entstehen. Auch Straf- und Ordnungsvorschriften können den Händler treffen. Die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben für unverbindliche Preisempfehlungen ist Online-Händlern daher dringend anzuraten.
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Über den Autor
Christian Solmecke
Rechtsanwalt Christian Solmecke hat in seiner Kölner Kanzlei WBS.LEGAL den Bereich Internetrecht/E-Commerce stetig ausgebaut. Er betreut dort zahlreiche Online-Händler, Medienschaffende und Web-2.0-Plattformen. Daneben ist RA Solmecke Gründer von anwalt2go sowie mehreren IT-Startups. Seine ersten Projekte hat er selbst programmiert. Neben seiner Kanzleitätigkeit und der Geschäftsführung der cloudbasierten Kanzleisoftware Legalvisio.de ist Christian Solmecke Autor zahlreicher Fachbücher zum Thema Online-Recht und Geschäftsführer des Deutschen Instituts für Kommunikation und Recht im Internet (DIKRI) an der Cologne Business School (http://www.dikri.de). Dort beschäftigt er sich insbesondere mit den Rechtsfragen in Sozialen Netzen. Vor seiner Tätigkeit als Anwalt arbeitete Solmecke mehrere Jahre als Journalist für den Westdeutschen Rundfunk und andere Medien.